Tagtäglich stellen wir uns den persönlichen Abgründen des Menschseins und merken es oft nicht mal. Wir erleben Miseren und entwickeln unsere eigenen Strategien, um dieser nachträglich Herr*in zu werden. Das ist wohl der einzige Weg, besser und womöglich irgendwann gut werden. In „The Miserable Bastard Show“ (bis zum 13.1. in der ARTCO Galerie) zeigt uns der Berliner Maler Benni Kakert (geboren 1994) seine Weise, mit Dingen umzugehen: die Malerei. Jede Leinwand zeigt dabei einen Nachtrag aus dem Leben des Künstlers. Seine Bestrebung, ein Ereignis zu verarbeiten und - im besten Falle - damit abzuschließen.
Ein Mensch, der sich so viel Mühe macht, Dinge einzuordnen, sie zu durchdringen und daraus zu lernen, kann schließlich nicht schlecht sein, oder? Als Teil dieser Sinnsuche malt Kakert auf vielen Bildern einen Teil seiner Persönlichkeit, die er Dennis nennt. Dieser Dennis, dessen Name einer Therapiesitzung entsprang, ist schlecht. Sein Gesicht ist im ‚Corpsepaint Stil‘ geschminkt, die der Black-Metal-Subkultur entnommen - und nicht als Clown zu verwechseln ist. Dieser Dennis steckt in uns allen. Er steckt in der Frau an der Rezeption und auch im Gesicht des Mannes mit den Hasenohren - immer gut verborgen hinter einer Verkleidung. Der Maler entreisst dieser Persönlichkeit die Maske und zeigt uns ihr wahres Gesicht. Doch kann dieser Versuch, das Elend zu demaskieren, gelingen oder fühlen wir uns weiter unverstanden? Es ist in jedem Fall ein ehrlicher Versuch, der Mut und Schmerz kostet.
Im Kontrast zu den großformatigen Arbeiten, in denen Kakert starke Farben in Acryl auf Leinwand aufträgt, bieten die kleinen Holzkästen im Format 30 x 30 cm vermeintlich leichte Kost. Sie vereinen Fotos von sich selbst, seinem Hund Freddi und Menschen, denen er sich verbunden fühlt, mit Text, Symbolen und farbigen Skizzen. In Kakerts einzigartigem Stil tänzeln sie leichtfüßig wie kleine lustige Kobolde um die Riesen in Leinwandform herum und verhöhnen sie für ihren Schwermut. Ein zynischer Kommentar auf das Elend in uns. Auf das Miserable im Leben.
Julian Rümenapf