‚Turn off your mind, relax and float down stream…‘ Dieses Zitat der beiden Beatles John Lennon und Paul McCartney stellt TC Boyle seinem Buch „das Licht“ voran, in dem er die wissenschaftlichen und esoterischen Praktiken des Psychologen Timothy Leary nacherzählt. Es würde wohl auch gut als Handlungs-Maxime für den Besuch der Ausstellung von Astrid Lowack passen, die ab 26.10.23 bei ARTCO in Berlin zu sehen ist.
Zu Besuch in der Galerie sind die Betrachtenden eingeladen, den Verstand auszuschalten und sich voll auf die großformatigen Werke der Foto-Künstlerin einzulassen. Sie ermöglichen den Zugang in eine fremde Welt, in die man unsicheren Tritts hinein balanciert. Je weiter man voranschreitet, desto mehr verliert man den Bezug zu gelernten Farbzusammenhängen, zu bekannten Formen und ihren Proportionen. Man denkt unweigerlich an übernatürliche Erfahrungen, an Naturphänomene, die nicht mehr in diese Welt zu passen scheinen.
„Das Paradies vor Augen zu haben, ist ja etwas Wunderschönes, sich darauf zu freuen ebenso... es kann natürlich auch als etwas Endgültiges gesehen werden - je nach Betrachtungsweise... genau wie meine Bilder immer etwas Positives und etwas Negatives ineinander vereinen - und man erstmal nur das wahrnimmt, was man sehen möchte…“, erklärt die Künstlerin hintergründig mit Blick auf den Ausstellungstitel.
Astrid Lowack arbeitet meistens draußen in der Natur. Dort findet die Künstlerin alle Elemente vor, die sie für die angestrebte „transzendente“, jenseits normaler Sinneserfahrungen liegende Bildwirkung benötigt: Licht und Schatten, Wasser und Bewegung. Die Dauer des fotografischen Prozesses ist offen, sie kann zwischen wenigen Minuten und mehreren Stunden betragen. Dabei entstehen oft mehrere Tausend Fotografien. Aus diesen wählt die Künstlerin einige aus, die sie anschließend in zwei Schritten bearbeitet. Erstens wählt sie einen Ausschnitt als gültige Bildkomposition, und zweitens reduziert oder intensiviert sie die bildimmanenten Farben.
Die Künstlerin, 1969 in Bamberg geboren, hat ursprünglich Industriedesign studiert - die formalen Grenzen von angewandtem Design jedoch längst hinter sich gelassen. Ihre Arbeiten stehen ideell der Strömung der „Subjektiven Fotografie“ nahe, die Otto Steinert zu Beginn der 1950er Jahre mit explizit künstlerischem Anspruch begründet hatte. Hier stand nicht mehr der dokumentarische Aspekt im Vordergrund, sondern der experimentelle, der die Phantasie des Betrachters stimulieren und zu einer subjektiven Interpretation anregen sollte.
Auch die Rezeption dieser Arbeiten ist entsprechend subjektiv. Klaus Honnef kam in seiner Analyse von Lowacks Fotografien 2018 zu dem Ergebnis: „Je länger man die Bilder der Künstlerin betrachtet, und vor allem, je intensiver, desto deutlicher scheinen sich Konturen von Mustern und Formationen abzuzeichnen, […] als ob sich in den vielfältigen Farb-Formgebilden eine Welt offenbaren würde, die noch im Entstehen begriffen ist.“ Prof. Dr. Klaus Honnef, 2018
Lowack lebt und arbeitet bei Amsterdam und war in zahlreichen musealen Solo- und Gruppenausstellungen vertreten. Eine Publikation ist im Hirmer-Verlag erschienen.
Die Ausstellung ist immer Mi-Sat, 12-19 Uhr geöffnet.