Am Freitag, den 19 November, wird es zwei Panels geben, die sich inhaltlich mit dem Thema der Ausstellung auseinandersetzen:
ART & REPRESENTATION OF GENOCIDE
18:30-19:15 h
Teilnehmer*innen:
Robert Rodriguez (A & M University, Texas, USA)
Mercia Kandukira (Künstlerin, SUNY Binghamton University, USA)
Marcelo Brodsky (Künstler, Argentina & Spanien )
Heike Becker (Autorin, University of Western Cape, Südafrika)
Hildegard Titus (Künstlerin, Windhoek, Namibia)
Uazuvara Ewald Kapombo Katjivena (Autor, Künstler, Kristiansand, Norwegen)
GENOCIDE IN NAMIBIA
19:30-20:30 h
Teilnehmer*innen:
Sima Luipert (Nama Genocide technical Committee, Namibia)
Ngondi Kamatuka (Ovaherero Genocide Foundation, USA)
Barnabas Katuuo (Ovaherero Genocide Foundation, USA)
Vepuka Kauari (Ovaherero Genocide Foundation, USA)
Rolando Vazquez (University of Utrecht, Niederlande)
Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights, (ECCHR), Berlin (Koordinator)
Der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts wurde 1904-1908 vom Deutschen Reich in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, begangen. Der Genozid richtete sich gegen die Volksgruppen der Nama und Ovaherero, die Ureinwohner dieser Region. Im Zuge der Teilung Afrikas durch die europäischen Mächte in der Berliner Konferenz von 1884/1885 erwarb das Kaiserreich das Recht, Südwestafrika zu kolonisieren. Die Kolonialpolitik beinhaltete die Vertreibung der lokalen Gemeinschaften von Nama und Ovaherero von ihrem fruchtbaren Land, damit sich deutsche Kolonisatoren und Farmer dort niederlassen konnten.
Als Künstler und Menschenrechtsaktivist glaubt Marcelo Brodsky an die Bedeutung der Kunst in der gesellschaftlichen Debatte. An ihre Fähigkeit, den öffentlichen Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen und die Aufmerksamkeit der Medien zu gewinnen.
Das Thema Menschenrechtsverletzung war und ist zentraler Bestandteil seiner Kunst.
International bekannt wurde Brodsky mit seinem Werkzyklus „Buena Memoria“ (1997) über die Verschleppung einiger seiner Klassenkameraden und seines Bruders Fernando Brodsky durch die Todesschwadronen während der Argentinischen Militärdiktatur. Fernandos Leichnam wurde bis heute nicht gefunden. Es folgten weitere Werkserien wie „1968 The Fire of Ideas“, „Africa Fighting for Freedom“ oder „Migrants“.
Im Rahmen seiner Menschenrechtsaktivitäten traf Brodsky den deutschen Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der vor 20 Jahren nach Argentinien kam, um die Fälle von durch Staatsterror verschwundenen deutschen Staatsbürgern zu verteidigen. Kaleck ist Gründer und Direktor des ECCHR (Europäisches Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte). Die in Berlin ansässige Organisation verfügt über ein Team von international tätigen Anwälten, die sich für globale Gerechtigkeit einsetzen, politische Gefangene verteidigen und Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit juristischen Mitteln bekämpfen.
Wolfgang Kaleck informierte Marcelo Brodsky über den Völkermord in Südwestafrika. Mit seiner Hilfe nahm Brodsky Kontakt mit der Ovaherero Genocide Foundation mit Sitz in Namibia auf und bot ihnen seine Zusammenarbeit an, um ein Kunstprojekt zu ihrem Fall zu entwickeln und in einem Kunstraum in Berlin zu präsentieren. Die Fotografien, die Brodsky zwei Jahre lang in Archiven, Agenturen und Universitäten zusammentrug, wurden von den Kolonialisten oder ihren Helfern (Soldaten, Missionare, Journalisten usw.) aufgenommen. Sie sind unwiderlegbare Beweise für die brutale Gewalt der Täter.
Nach der Lektüre von Mark Sealys Buch „Decolonizing the Camera“, in dem beschrieben ist, dass jedes Mal, wenn ein kolonialistisches Bild gezeigt wird, seine Gewalt reproduziert wird, entschied sich Brodsky zu einer radikalen Bearbeitung dieser Bilder.
Wie in seinen Werkserien zuvor, vergrößert und überarbeitet Brodsky die Fotografien und schafft durch die farbliche Überarbeitung von Hand eine Übersteigerung der ästhetischen Wirkung des Motivs. Das Schöne wird schöner, das Grauen wird grauenvoller. Der für seine Werke typische eigene kurze Textbeitrag drückt in jedem einzelnen kolorierten Foto die Stimme und den Standpunkt der Kolonisatoren aus. Sie zeigen Gewalt in aller Deutlichkeit, was sie für den Betrachter eher verstörend macht.
Die in Namibia geborene Künstlerin und Aktivistin Hildegard Titus fokussiert sich in ihren Arbeiten auf die Auswirkungen der jahrelangen Kolonialherrschaft auf die komplexen strukturellen Zusammenhänge der heutigen Bevölkerung Namibias.
In ihren fotografischen Arbeiten portraitiert die Künstlerin exemplarisch junge Menschen aus verschiedenen Gemeinschaften der namibischen Gesellschaft. Neben der Fotografie, nutzt Titus Videos, Filme und Performances.
Zum einen kritisieren diese provokant den Umgang der deutschen und namibischen Regierung mit dem Völkermord und der Erinnerungskultur an die Kolonialherrschaft. Zum anderen prangern sie den gesellschaftlichen Umgang mit den sogenannten „Domestic Workers“ an.
„Namibia’s history did not begin with independence 28 years ago.
It did not even begin when colonialism or apartheid first took over this region that was once called South West Africa. Our journey began thousands of years ago, as our ancestors left their marks on the world in caves to be seen and remembered for millennia to come. It began when our ancestors held ceremonies and feasts for every aspect of life, from birth to death. It began long before our cultures were brought together under the new utopian vision of a free and equal Namibia.
While we were focused on celebrating freedom and overcoming a past plagued by dark moments – war, genocide, apartheid – we forgot to truly listen to each other and heal wounds that had begun to fester. Tribalism, racism, colourism, sexism, ageism, ableism, and xenophobia continue to stain our country. We spend more time breaking each other down than listening to one another.
Us Now is a conversation and a dialogue for remembering and healing. It is an invitation to hear the voices of young Namibians from various backgrounds expressing their stories, their feelings, their aspirations, the way the relate to their heritage and identity, and the way we all relate to each other.
Looking back into Namibia’s old history books we can see the ways colonial images depicted and tried to define our existence and way of life. Today we define them for ourselves.
We are more than a caption: ‘Herero ’, ‘Nama’, We are a history, a present, and a brighter future. This is us now.“