Für Manuela Sambo bot die kleine Kunstszene der DDR in den Jahren vor dem Mauerfall eine neue Heimat. Insbesondere die Auseinandersetzung mit westlicher Kunsttradition erzeugte einen Filter für die Aufarbeitung ihrer persönlichen Erfahrungen sowie der kollektiven Geschichte ihrer Heimat Angola. Es entsteht eine künstlerische Recherche wechselseitiger Einflüsse, bei der Sambo bis in die Renaissance zurückgeht. Mit ihren Interpretationen der Venus nach Cranach, der Maria lactans oder dem Dolch der Lukretia nimmt die Künstlerin direkt Bezug auf die Rollenbilder und Attribuierung von Frauen in der Deutschen Kulturgeschichte. Sambo übernimmt in ihren Gemälden das blasse und plastische Inkarnat von Cranach, das zwar auf eine geistige Haltung, nicht jedoch auf den geschundenen Körper, das persönliche Opfer und den Schmerz der Frau als Individuum verweist. Sambo erkennt in diesen Farbgebung und der Konzentration auf die äußere Form der Figuren ohne große Schattierungen zudem eine Abstraktion, die sie an die Maskentradition in Angola erinnert:
„Mich hat immer das Wesen der Masken interessiert. Eine Maske verwandelt jeden in etwas Immaterielles, fast so wie in einen Geist. Die Person verliert ihre Individualität, wird abstrakt. Mir wurde in diesem Kontext auch klar, dass die westliche Moderne in der Bildsprache außereuropäischer Kulturen Formen der Abstraktion entdeckt hatte, die in mir schon durch meinen Ursprung verankert und mir eigen ist. Im Prozess der Reflexion über die Entwicklung der westlichen Kunst interessierte mich eine Umkehrung dieser Strategie, nämlich als Afrikanerin gewisse Parameter der frühen westlichen Kunst, insbesondere der Renaissance, in meine Arbeit zu integrieren.“ Manuela Sambo
Mit Bezug zur jüngeren Kunstgeschichte greift Sambo auch auf Maler der Moderne zurück, die sich auf die afrikanische Masken- und Schmucktradition beziehen. Indem sie diese kunsthistorischen Bezüge in ihre Bilder einfließen lässt, schafft Manuela Sambo eine doppelte Reflexion zwischen afrikanischer Herkunft und europäischer Aneignung.